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Die richtige Zielgruppenansprache: Siezen Sie noch oder duzt du schon?

Schon in der Überschrift dieses Blog-Artikels wird klar: Die richtige Anrede der eigenen Zielgruppe ist gar nicht so einfach. Möchten Sie von mir gesiezt werden? Oder fühlt ihr euch mit dem du wohler? Die alleinige Definition der Zielgruppe reicht schon lange nicht mehr aus, um hier die richtige Wahl zu treffen. Für mich gilt: Ich werde Sie im weiteren Verlauf des Artikels und wie gewohnt siezen. Erfahren Sie, warum.

Im Deutschen gibt es bei der direkten Ansprache des Gegenübers klare Regelungen. Ich duze Personen, die ich gut kenne, wie z. B. Freunde oder Verwandte. Auch Kinder werden sowohl von Gleichaltrigen als auch von Älteren mit dem „Du“ angesprochen. Dinge, Tiere, Abstrakta und sogar Gott werden geduzt. Für den Rest gilt grundsätzlich erst einmal das „Sie“.

Hinzu kommen die Regeln, wer wem das „Du“ überhaupt anbieten darf. Der Mann der Frau, der Chef dem Mitarbeiter, der Ältere dem Jüngeren und so weiter. Einmal per du, immer per du. Kompliziert genug. Aber wie spreche ich eine Gruppe von Personen – meine Zielgruppe – an, die ich beispielsweise demografisch nicht eindeutig eingrenzen kann? Die ich zum großen Teil nicht persönlich kenne? Und der ich dennoch bestimmte Botschaften vermitteln möchte?

Duzen und Siezen in anderen Sprachen

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Von Sprache zu Sprache unterscheiden sich Anzahl und Gebrauch der Anredepronomina

Machen wir zunächst einen Exkurs: Warum unterscheiden wir im Deutschen überhaupt zwischen zwei Anredepronomen? Das Italienische verwendet wie einige weitere Sprachen die Anredepronomen ganz ähnlich wie das Deutsche. In anderen Sprachen, wie dem Englischen, gestaltet sich die ganze Debatte wesentlich einfacher. Im Englischen gibt es lediglich das „You“ zur direkten Ansprache. In Schweden wurde die höfliche Anrede in der dritten Person in den 60er und 70er Jahren mittels der sogenannten „Du-Reform“ weitgehend abgeschafft. Die direkte Anrede verdeutlicht dabei den schwedischen Gleichheitsgedanken. In vielen süd- und ostasiatischen Sprachen hingegen gibt es eine Vielzahl von Pronomina und anderen Satzgliedern bzw. Wortarten, um Personen mit größtmöglichem Respekt anzusprechen.

Warum duzen und siezen?

Was soll generell mit der Unterscheidung von „Du“ und „Sie“ bezweckt werden? Die Verwendung von „Du“ und „Sie“ geht zurück „auf eine vertikale und eine horizontale Dimension. Die vertikale zeichnet sich durch Asymmetrie zwischen anredender und angeredeter Person aus, begründet etwa durch Rangunterschiede verschiedenster Art“ (Werner Besch, Duzen, Siezen, Titulieren, 1996). Die rangniedrigere Person in diesem Gefüge erhält das „Du“, die höhere das „Sie“. Sind nun aber beide Parteien gleichberechtigt, bewegen wir uns auf der Horizontalen. Es gibt eine „Symmetrie zwischen den Redenden“. Beide Parteien erhalten das „Du“ oder eben beide das „Sie“ (vgl. ebenda).

Nun sind wir immer noch nicht schlauer. Welche Anrede nutze ich denn nun für meine Zielgruppenansprache? Vielleicht bringt ein Blick in die Vergangenheit Licht ins Dunkel.

Die Geschichte von Duzen und Siezen

Am Anfang war das „Du“. In der Bibel – bei Adam und Eva bis weit darüber hinaus – wird geduzt. Mit dem „Ihr“ taucht im 9. Jahrhundert erstmalig eine Höflichkeitsform in der deutschen Anrede auf und wird als 2. Person Plural für eine einzelne Person verwendet. Ende des 16. Jahrhunderts kommt eine dritte, noch höflichere Form hinzu: das „Er/Sie“. Diese wurde in erster Linie zur Verdeutlichung der hierarchischen Distanz verwendet und von weiteren Vorschriften wie dem Verbot der direkten Anrede begleitet. Sprach man jemanden schriftlich an, musste sogar, je nach Rang des Angesprochenen, bis zu einer halben Seite Platz zum nachfolgenden Text gelassen werden (vgl. Besch, 1996).

Ende des 17. Jahrhunderts kommt schließlich unser heutiges „Sie“ hinzu als Steigerung der höflichen Anrede in den Plural. Ab da leben wir Deutschen zunächst in einem Vierersystem. Davon haben wir aber bald schon genug – wie man sich vorstellen kann. Im sprachökonomischen Sinne reduziert sich das System ab Mitte des 18. Jahrhunderts langsam zu unserem heutigen Zweiersystem: der Anrede mit „Du“ und „Sie“ (vgl. ebenda).

Duzen und Siezen in der Zielgruppenansprache

Nun wollen wir aber zum Punkt kommen: Welche Form der Anrede eignet sich denn nun für die Zielgruppenansprache? Die Exkurse in andere Sprachen und in die deutschsprachige Vergangenheit haben gezeigt: Die Wahl des Anredepronomens ist keine leichte. Noch nicht einmal beim direkten Kontakt, bei dem man der angeredeten Person gegenübersteht. Umso schwieriger ist es, diese Entscheidung bei einer abstrakten Zielgruppe zu treffen. Um erfolgreich zu kommunizieren, lohnt es sich, ein möglichst genaues Bild von Ihrer Zielgruppe und den darin enthaltenen Bezugsgruppen zu machen. Im Übrigen ist dies nicht nur in Hinsicht auf das Duzen und Siezen eine sinnvolle Maßnahme, sondern für alle kommunikativen Vorhaben.

Eines hat die Herleitung in diesem Beitrag bereits gezeigt: Das Anredepronomen drückt etwas über die zwischenmenschliche Beziehung beider Kommunikationspartner aus. Wie möchten Sie sich als Sender einer Botschaft also zu Ihrer Zielgruppe positionieren? Möchten Sie Ihre Kommunikation neutral und sachlich gestalten? Eine gewisse Distanz und eine respektvolle Haltung wahren, um ein professionelles Miteinander abzubilden? Dann siezen Sie Ihre Zielgruppe.

Falls Sie Ihrer Zielgruppe ein jugendliches Lebensgefühl vermitteln und als modernes Unternehmen auftreten wollen, dann verwenden Sie das „Du“ zur Ansprache. Zudem hilft das „Du“ dabei, ein „Wir-Gefühl“ zu stärken und Vertrautheit auszudrücken.

Unterschiede bei Branchen und Kanälen

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Im B2B-Bereich wird zu 90% gesiezt.

Aber nicht nur die Kommunikationsabsicht und Ihre persönliche Präferenz sollten bei der Entscheidung für das „Du“ oder das „Sie“ eine Rolle spielen. Betrachten Sie die Branche, in der Sie sich bewegen. In der B2B-Branche verwendet man zu 90 % das „Sie“. In Agenturen und der Kommunikationsbranche ist das „Du“ wesentlich gebräuchlicher im Umgang mit der eigenen Zielgruppe.

Hinzu kommt die Frage: Über welchen Kommunikationskanal spreche ich meine Zielgruppe in der akuten Situation an? Klar sollte auf Stringenz in der Kommunikation geachtet werden. Aber dennoch erreichen wir über verschiedene Kanäle unterschiedliche Bezugsgruppen als Teilmenge unserer Zielgruppe. Die Personen, die eine Fachzeitschrift lesen sind vielleicht andere, als die, die mir über Facebook oder Instagram folgen. Auch hieran sollte sich die Ansprache ausrichten.

So duze und sieze ich

Abschließend möchte ich meine persönliche Taktik vorstellen: Ich für meinen Teil wähle für meine Kommunikation mit Ihnen das „Sie“. Mir ist an einer sachlichen und wertneutralen Kommunikation gelegen, in der ich meine Zielgruppe mit einem hohen Maß an Höflichkeit begegne. Insbesondere mein Blog und meine Website sollen Professionalität vermitteln. Dafür eignet sich das „Sie“. Auf Facebook hingegen fächert sich meine Zielgruppe weiter auf, die Themen werden humorvoller und interaktiver. Um stringent in meinem Sprachgebrauch zu bleiben, verwende ich hier allerdings nicht plötzlich das „Du“. Hier versuche ich, das „Du“ oder „Sie“ zu vermeiden und meine Follower trotzdem direkt anzusprechen.

Die Auseinandersetzung mit dem Thema „Duzen“ und „Siezen“ lohnt sich. Denn die Ansprache der Zielgruppe ist bereits Teil der Botschaft. Dabei bleibt festzuhalten, dass die Wahl zwischen „Du“ und „Sie“ in Hinblick auf die Positionierung zur Zielgruppe, die Branche, die Kommunikationskanäle und die persönliche Präferenz zu treffen ist. Ein richtig oder falsch gibt es an dieser Stelle nicht.

Weitere interessante Beiträge:

https://www.welt.de/wissenschaft/article156114627/Duzen-Sie-noch-oder-siezt-du-wieder.html

http://www.wissenschaft.de/home/-/journal_content/56/12054/57492/

http://www.zeit.de/2013/27/sprachwissenschaft-anrede-konferenz-siezen

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Sehr interessanter Artikel, ich finde es sehr anschaulich wie Sie das herausgearbeitet haben.
    Dennoch wundere ich mich über die hohe Anzahl an sichtbaren Autoritäten die Online das Du und offline das Sie praktizieren wie zB Hermann Scherer, Dirk Kreuter, Bodo Schäfer uva.
    Mir fällt die aktuelle Entscheidung sehr schwer. Bin ich doch in einer Branche tätig (Bank/Baufinanzierung eher: unabhängige Vermittlung) die klassisch Sie bevorzugt und möchte dennoch mit einer Personenmarke und der Nähe zum Kunden (25-30) sowie der Ferne zur Bank bzw wofür Sie steht punkten.

    Haben Sie da vielleicht noch einen ergänzenden Tipp für mich?

    Danke und viele Grüße
    Marco Sagerer

    1. Hallo Herr Sagerer, haben Sie vielen Dank für Ihren freundlichen Kommentar. In der Tat ist das Thema Duzen und Siezen, wie der Beitrag zeigt, heutzutage ein kompliziertes. Sicherlich ist es für die Kommunikation mit der eigenen Zielgruppe sehr wichtig, sich über diese Thematik Gedanken zu machen. Aber letztlich ist es auch nicht das einzige kommunikative Mittel, um Respekt oder Nähe auszudrücken. Wenn Sie beispielsweise beim branchentypischen Sie bleiben mögen, aber dennoch eine gewisse Vertrautheit zu Ihren Kunden schaffen möchten, könnten Sie sich am Sprachstil Ihrer Zielgruppe orientieren, beispielsweise das Sie in Kombination mit einer eher jugendlichen oder humoristischen Sprache verwenden. Grundsätzlich gelten schließlich aktives Zuhören und Verstehen der Bedürfnisse Ihres Gegenübers als wichtige Faktoren gelungener Kommunikation. Was wünscht sich Ihre Zielgruppe? Wo liegen ihre Probleme? Und wie können Sie diese lösen? Wenn Sie dies kommunikativ herausstellen können, dann sollte die „Hürde“ der direkten Ansprache in den Hintergrund rücken. Ich hoffe, ich konnte Ihnen ein Stück weit weiter helfen.

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